Mein Freund, der Rockstar

Um das gleich zu widerufen: Nein, wir sind gar nicht wirklich befreundet. Wir waren mal was trinken, wie man so schön sagt, ich war auf Partys eingeladen und wir haben geredet. Ich bezweifle, dass einer der Band sich noch an mich erinnert. Aber natürlich denke ich gerne an diese Partys zurück: Der Brunch in einer WG vor ein paar Jahren am Görlitzer Park, in der Küche improvisierten sie mit Deckeln und Töpfen und einer Gitarre Reggae-Lieder, im Wohnzimmer jammten ein paar Leute eine nichtendendwollende Jazz-Session zusammen, und die ganze Wohnung voller Leute die entweder so gut oder so sympathisch aussahen, das ich sofort mit ihnen geschlafen hätte, wenn es nicht viel spannender gewesen wäre, mit ihnen zu reden. Es war einer dieser seltenen Tage die für mich all das ausmachen, weswegen ich nach Berlin gekommen bin, und die mir soviel bedeuten.

Und nun ist die Stadt wieder voll mit den Plakaten für die nächsten Konzerte und auch wenn ich keinen Fernseher habe nehme ich an MTV hat die Verwertungsmaschine angeworfen und wird die neuen Lieder rotieren lassen, und früher wäre ich wohl neidisch gewesen auf Rampenlicht und Ruhm und Geld. Heute stehe ich in der Adalbertstraße vor einer nasskalten Häuserwand, von der das Plakat schon wieder abblättert, und wünsche Ihnen, dass das Konzert voll wird, denn mit Platten ist heute kein Geld mehr zu machen, und frage mich ob es sich für sie lohnt, die ganze Arbeit mit Proben und Touren und Texten und die ganze Tour durchs Hamsterlabyrinth der Zeitungen und Sender, die immer noch darauf programmiert sind Fotos und Texte und Bilder zu produzieren, auch wenn lange kein Mensch mehr anschließend auch die Produkte kauft, die da so schlau und laut und bunt beworben werden.

Früher wurden Rockstars wenigstens noch durch Drogen, Groupies und Geld entlohnt für ihre Selbstentblößung, in den Achzigern blieben mit AIDS die Groupies weg, und seitdem auch die letzte Teamassistentin im Clubkeller Koks zieht hat ist es einfach nicht mehr sexy, sich die Birne dichtzudrogen. Abstrakt gesagt ist es vielleicht der Prozess der Egalisierung –  so wie James Bond an Sexappeal verlor, nachdem jeder auf die Malediven reisen konnte (und schlimmer: Seitdem jeder kleine Bankfuzzi nach New York und auf die Kayman Inseln – musste), so sind Drogenkonsum und Gruppensexorgien keine exklusiven Domänen der Stars mehr. Und wie immer sind die Dinge viel langweiliger, wenn sie jeder macht, als wenn fast alle zuschauen müssen. Der Band jedenfalls wünsche ich, dass sie noch viele weitere schöne Partys feiern, dass sie ihren Weg nicht bereuen – und das sie im Geld schwimmt!

P.S.: Nein, kein Link zur Band

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