Wichtige Fragen der Arbeitswelt V

Heute nur eine kurze Beobachtung:

Das immer alles frisch, neu, ungewöhnlich und total crazy sein muß, um Aufmerksamkeit zu bekommen, ist eine ziemlich ausgelutschte Weisheit. Dennoch schön, wenn sie sich auf so einfache Art bestätigt, wie es bei einem der führenden Netzwerker-Portalen der Fall ist. Hier ist die Gruppe „QUERDENKER-CLUB“ mit mehreren zehntausend Mitgliedern die zahlenmäßig fünftstärkste – alle wollen dabei sein, wenn ungewöhnlich gedacht wird, selbst wenn sich das nur in der Verwendung der Caps Lock-Taste bemerkbar macht.

Oder wie Max Gold in besseren Tagen bemerkte:

Um sich von der Masse abheben zu wollen, muss man ihr per Definitionem angehören.

Unsere Kinder werden es als revolutionär empfinden, dreissig Jahre nichts aufregendes gemacht zu haben.

Wichtige Fragen der Arbeitswelt IV

Die Frage stammt diesmal aus der Abteilung Kundenanfragen aus der Hölle und lautet:

Was mir etwas fehlt ist die Bedienungsanleitung der Seite.
Was soll der Kunde denn mit der Seite machen, wenn sie fertig
programmiert ist?

Und da wüßte man gerne, ob dieser Mensch auch denkt, dass er von seinem Autohändler beim Erwerb eines Autos auch Fahrstunden kostenlos dazu bekommt, oder ob er beim Erwerb einer Küche auch einen dreiwöchigen Kochkurs und Lebensmittelieferungen für ein Jahr gratis dazu erwartet.

Er wird sich nicht mit einem Link auf die Online-Dokumentation des Open-Source Content-Management-Systems zufriedengeben, befürchte ich.

Wichtige Fragen der Arbeitswelt III

Seit einem Monat habe ich eine neue Arbeit, die mir viel Spaß macht, und gerade auch sehr viel beibringt. Ebenfalls spannend jedoch war der Prozess der Bewerbungen dieses Jahr. Viele der Gespräche waren gut, offen und sehr konstruktiv, und die Entscheidung für meinen derzeitigen Arbeitgeber ist mir nicht leicht gefallen. Ein Bewerbungsgespräch jedoch werde ich so schnell nicht vergessen:

Die Einladung erfolgte telefonisch, eine recht formlose Anfrage, ob ich denn nicht drei Tage später einmal kurz vorbeischauen wolle. Bewerbungsgespräche abgesagt habe ich bisher noch nicht, und auch wenn mir die Firma vor der Recherche zur Bewerbung unbekannt war, reizte mich das Arbeitsfeld – Social Media.  Also auf nach Mitte, wo immer noch Startups sitzen, obwohl sich die statusbewußteren Agenturen inzwischen nach Kreuzberg absetzen. Im Flur der Firma Chaos, Umzugskartons und Verwirrung, man ist auf dem Weg in das schreckliche Niemandsland zwischen Mitte und Kreuzberg, das irgendwo nördlich der Oranienburger Straße beginnt und zwischen Betonriegeln der Sechziger Jahre, Plattenkolossen der DDR und den Überresten wilhelminischer Geschäftsburgen eine beträchtliche Abwesenheit von Infrastruktur ausbreitet. Vermutlich günstige Mieten in zentraler Lage, oder so. Es findet sich jemand, mir einen Stuhl anzubieten, ich möge warten.

Nach einiger Zeit nehme ich mir vor, keinesfalls länger als eine halbe Stunde auf ein Bewerbungsgespräch zu warten, und angele mir das rechtzeitig zum Anlaß erstandene Buch über Projektmanagement aus dem Rucksack. Siebenundzwanzig Minuten später kommt doch wer, ein freundlicher, englisch radebrechender Informatiker, der das Bewerbungsgespräch alleine führt und während der gesamten Unterhaltung fröhlich in sein weißes MacBook klappert. Ob er da wohl gerade im Sinne von Social Media seinen Facebook-Status aktualisiert, oder meine Fragen hinaustwittert? Oder schreibt er einfach meine Antworten mit? Vielleicht sollte ich mein Handy zücken und auch einfach mal losschreiben?

Ich werde gefragt nach meiner Philosophie des Projektmanagement – woraufhin ich spontan Bernd Begemann im Ohr habe. Meine Fähigkeiten zu präziser, vollständiger und fehlerfreier Arbeit mögen kritikwürdig sein, aber spontan auf Blahlaberfasel-Fragen antworten, darin macht mir so schnell niemand was vor. Weiter: Ob ich SCRUM kenne. Kenne ich, ich hatte ja gerade eine halbe Stunde Zeit mit einem Buch über das Thema. Ein dreifaches Hurra aufs Kurzzeitgedächtnis.

Es folgt ein weiterer Schauer von Fragen nach Abkürzungen, die wohl fachliche Qualifikation etablieren sollen: Welche Software ich fürs Projektmanagement bevorzuge (vermutlich verwandt mit der Philosophiefrage, ich scheine jedoch mit meiner Antwort „Excel und Notepad“ jedoch keinen irreversiblen Gesichtsverlust zu erleiden), und  Erläuterungen über das Geschäftsmodell der Firma (Viel Geld von Investoren, jetzt muß daraus etwas entwickelt werden, weil die in zwei Jahren resultate sehen wollen) und die eigentlichen Ideen, die mich ein wenig an 27b/6 erinnern. Erst gegen Ende des Gesprächs dann traue ich mich, einmal nachzufragen, was mein Gegenüber in der Firma eigentlich macht, damit ich wenigstens weiß, mit wem ich gesprochen habe.

Die wirklich Perle kommt zwei Tage später, ein Anruf von der freundlichen Personalchefin der Firma: Sie hätten meine Bewerbungsunterlagen gelesen, und ob ich nicht mal auf ein Bewerbungsgespräch vorbeikommen wolle. Nachdem ich vorsichtig darauf hin weise, dass ich ja bereits schon einmal dagewesen sei, wird das  Gespräch etwas ungelenk übergeleitet auf die Schwierigkeiten eines Umzugs. Eine Absage bekam ich nicht. Aber Gott sei Dank bald darauf eine sehr spannende Arbeitsstelle – woanders.

Mein Freund, der Rockstar

Um das gleich zu widerufen: Nein, wir sind gar nicht wirklich befreundet. Wir waren mal was trinken, wie man so schön sagt, ich war auf Partys eingeladen und wir haben geredet. Ich bezweifle, dass einer der Band sich noch an mich erinnert. Aber natürlich denke ich gerne an diese Partys zurück: Der Brunch in einer WG vor ein paar Jahren am Görlitzer Park, in der Küche improvisierten sie mit Deckeln und Töpfen und einer Gitarre Reggae-Lieder, im Wohnzimmer jammten ein paar Leute eine nichtendendwollende Jazz-Session zusammen, und die ganze Wohnung voller Leute die entweder so gut oder so sympathisch aussahen, das ich sofort mit ihnen geschlafen hätte, wenn es nicht viel spannender gewesen wäre, mit ihnen zu reden. Es war einer dieser seltenen Tage die für mich all das ausmachen, weswegen ich nach Berlin gekommen bin, und die mir soviel bedeuten.

Und nun ist die Stadt wieder voll mit den Plakaten für die nächsten Konzerte und auch wenn ich keinen Fernseher habe nehme ich an MTV hat die Verwertungsmaschine angeworfen und wird die neuen Lieder rotieren lassen, und früher wäre ich wohl neidisch gewesen auf Rampenlicht und Ruhm und Geld. Heute stehe ich in der Adalbertstraße vor einer nasskalten Häuserwand, von der das Plakat schon wieder abblättert, und wünsche Ihnen, dass das Konzert voll wird, denn mit Platten ist heute kein Geld mehr zu machen, und frage mich ob es sich für sie lohnt, die ganze Arbeit mit Proben und Touren und Texten und die ganze Tour durchs Hamsterlabyrinth der Zeitungen und Sender, die immer noch darauf programmiert sind Fotos und Texte und Bilder zu produzieren, auch wenn lange kein Mensch mehr anschließend auch die Produkte kauft, die da so schlau und laut und bunt beworben werden.

Früher wurden Rockstars wenigstens noch durch Drogen, Groupies und Geld entlohnt für ihre Selbstentblößung, in den Achzigern blieben mit AIDS die Groupies weg, und seitdem auch die letzte Teamassistentin im Clubkeller Koks zieht hat ist es einfach nicht mehr sexy, sich die Birne dichtzudrogen. Abstrakt gesagt ist es vielleicht der Prozess der Egalisierung –  so wie James Bond an Sexappeal verlor, nachdem jeder auf die Malediven reisen konnte (und schlimmer: Seitdem jeder kleine Bankfuzzi nach New York und auf die Kayman Inseln – musste), so sind Drogenkonsum und Gruppensexorgien keine exklusiven Domänen der Stars mehr. Und wie immer sind die Dinge viel langweiliger, wenn sie jeder macht, als wenn fast alle zuschauen müssen. Der Band jedenfalls wünsche ich, dass sie noch viele weitere schöne Partys feiern, dass sie ihren Weg nicht bereuen – und das sie im Geld schwimmt!

P.S.: Nein, kein Link zur Band

Faulheit I

So…. Nachtdem gestern das Layouten des neuen Materials für den Generalstab mich n paar Stunden gekostet hat (Mentalnotitz: dringend effizientere Methoden dafür entwickeln), hab ich für die Exzession die einfachere Variante gewählt: URL-redirect von der Startseite direkt aufs Blag, und ich werde wohl eher direkt am Template jetzt rumschrauben, um das Design zu ändern. Irgendwann, wenn mal Zeit ist :)

Ich wüßte gerne mal was Langeweile ist… Ich hab mich seit Jahren nicht gelangweilt. Keine Arbeit zu haben diesen Sommer war nicht schön, aber nur, weil es keinen Spaß macht sich dauernd überlegen zu müssen, ob man ein zweites Bier bestellen kann, oder wie man die nächste Monatsmiete zahlt (Oder wie lange es dauert bis die Mahnung kommt, weil man sie nicht zahlen kann). Aber langweilig? Langweilig war mir nie. Setz mich vor einen PC mit Internetanschluß,  und ich bin zwölf Stunden am Tag glücklich. Ich habe gescannt, programmiert, geschrieben, gechattet, gesurft und gemailt, und mir gings prima dabei. Okay, ich war auch ab und zu draußen in der Sonne, aber der Punkt ist das mir immer was zu tun einfällt, solange ich verkabelt bin.

Was ich bin für ein Glücksschwein, auch noch online arbeiten zu können :)