Es läßt mich gerade wohl nicht in Ruhe…

… das Urheberrecht. und natürlich das Schreiben von suchmaschinenunfreundlichen Überschriften. Search Engine Aggravation, oder wie immer man das nennen mag – SEA.

Jedenfalls berichtet netzpolitik.org am Freitag über das, was dann dabei rauskommt, wenn die bereits besprochene Verwirrung der Justizministerin sich ausbreitet auf die seit Jahren um ihre Renditen bangenden Verleger: Unfug. Derzeit sammeln ja alle Lobbyisten fleißig für den dritten „Korb“ des Urheberrechts. Sprachlich finde ich es charmant, das Kind beim Namen zu nennen: Schließlich geht es darum, dass möglichst alle Beteiligten etwas bekommen, für dass sie nichts getan haben, und wie bei jedem Geschenke-Korb plärren alle laut los, um ja von Mama Staat nicht vergessen zu werden. Die neuste Idee der Zeitungsverleger für dieses Sammelsurium an Renditegarantiemaßnahmen nun ist ein Copyright auf Überschriften und Satzteile.

Also darf ab sofort nur noch eine Zeitung schreiben „Beim G-20-Gipfel droht der Fehlschlag“, und alle anderen 404 Zeitungen müssen sich etwas anderes einfallen lassen? Und jedesmal, wenn ein Blogger einen Beitrag schreibt, muß er vorher recherchieren, ob die Überschrift, die er sich ausgedacht hat, bereits von jemand anderem genutzt wurde, da sonst eine Mahnung droht? Und diese Recherche dauert dann Tage, da die Suchmaschinen ja die copyrightgeschützten Satzteile gar nicht mehr indizieren und wiedergeben dürfen? Und  so muss dann auch jeder Journalist vor dem Abfassen einer Lokalnachricht alle 404 Zeitungen durchsuchen, ob schonmal jemand die Überschrift „Sommerfest der Feuerwehr“ verwendet hat? Und wie funktioniert das dann bei bereits in Romanen, Journalen oder Zeitungen der letzten 400 Jahre erschienenen Sätzen? Darf also demnächst niemand mehr irgendwas zitieren?

Fragen über Fragen. Vermutlich gilt auch hier die Regel, dass man ersteinmal die ganze Torte verlangen muss, um mit drei Stücken aufs Sofa klettern zu können und immer noch von Mami für Einsicht und Bescheidenheit gelobt zu werden. In dem Fall ist die Forderung nach Abschaffung des Copyrights eigentlich die logische Gegenmaßnahme.

Was auch immer dabei rauskommt, wenn dieser Vorschlag umgesetzt wird, er dürfte zumindest dafür sorgen, dass die BILD-Zeitung arg in Schwierigkeiten gerät: Die dann zur Vermeidung von Copyrightproblemen nötigen langen Überschriften passen doch auf keine Titelseite mehr. Am Ende stehen da noch wirkliche Informationen drin.

Als Begründung für diesen intellektuellen Durchfaller nennt der „Experte“ des Verbands der Deutschen Zeitschriftenverleger (VDZ) die News-Auszüge, die Suchmaschinen auf ihren Ergebnis-Seiten bringen, und deren Inhalte sie von den Seiten der Zeitungen ziehen. Diese seien urheberrechtlich geschützt, ebenso wie die Überschriften, da dort „viel kreative Energie“ drinstecke.

Vielleicht sollte jemand den Herrn beiseitenehmen und ihn über die Verwendung der robots.txt aufklären. Oder glaubt beim VDZ oder sonstwo ernsthaft jemand, dass noch Besucher auf die Webseiten der Tageszeitungen kommen zu einer Zeit, in der die meisten Menschen die Sucheingabezeile von Google als Adressfeld für den Browser verwenden?

Und der Qualitätsjournalismus? Der wird sich weiterhin lohnen, es gibt genügend Blogger, die inzwischen mehr als gut von ihrem Schreiben leben können.

Nur für Verleger ist da halt nicht mehr viel drin.

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